Thesen

zur Entwicklung der Sportanlagen in der Schweiz

1. Gesellschaftliche Bedeutung
Der Sport erfüllt in der heutigen Zeit eine höhere gesellschaftspolitische Bedeutung als in der Vergangenheit. Das reicht von Jugendarbeit über Gesundheitsvorsorge (Bewegungsarmut, Übergewicht, demographischer Wandel) bis zur Sozialisierung (Einsamkeit). Deshalb müssen Sportanlagen breite Bevölkerungsschichten ansprechen und in die Freizeit der Menschen eingebunden sein. Die rein sportlichen Zielsetzungen bleiben erhalten, reichen aber nicht mehr aus.

2. Individualsport
Aufgrund der Veränderung unserer Gesellschaft sind die immer schon starken Individualsportarten (Wandern, Radfahren, Schwimmen, Skifahren, Jogging, Fitness) weiterhin auf dem Vormarsch. Der Vereinssport verliert selbst in ländlichen Regionen an Bedeutung, weil er die gesundheitsorientierten Sportbedürfnisse der Bevölkerung ungenügend ab deckt und die Menschen hohe Flexibilität wünschen.
Dadurch gewinnen Sportinfrastrukturen im öffentlichen Raum wie Rad- und Wanderwege, Joggingstrecken, bewegungsfreundliche Siedlungen usw. an Bedeutung. Zudem entstanden Fitnessclubs, welche sich eines steigenden Zulaufs erfreuen und im Vergleich mit hohen Ausgaben für die Sporttreibenden verbunden sind.

3. Neuartige Nutzungen und Konzepte
Grosse Teile der erwachsenen Bevölkerung besuchen keine klassischen Sportanlagen wie Sporthallen oder Sportplätze oder finden in diesen keinen Platz. Es sind neuartige Konzepte gefragt, die den Sport leichter zugänglich machen durch Freizeitcharakter, jederzeitige Verfügbarkeit oder leichtere Integrierbarkeit in den Alltag. Eine wichtige Massnahme wäre das Öffnen von klassischen Sportanlagen für die breite Öffentlichkeit an sieben Tagen pro Woche. Daneben wären neuartige, generationenübergreifende bewegungsfreundliche Räume wünschenswert. Insbesondere in verdichteten Siedlungsgebieten sind in der Raumplanung Sport- und Bewegungsräume zu berücksichtigen.

4. Sanierungsstau
Viele Sportanlagen sind in die Jahre gekommen. Die Sanierung des heutigen Bestands wird eine grosse Herausforderung darstellen.Die steigenden Bauvorschriften führen teilweise zur Verschiebung der notwendigen Investitionen. Vor der Sanierung des Status Quo sollte der vielerorts veränderte Bedarf geprüft werden. Die Sanierung sollte zu einer Verbesserung der Sportanlage führen.

5. Politische Aspekte
Sportanlagen sind oftmals als Prestigeobjekte politisch motiviert. Zudem werden sie von einflussreichen Vereinen stark geprägt. Damit bleiben die Interessen der breiten Masse der Individualsportler unberücksichtigt.
Trotz der politischen Dimension von Sportanlagen sollten deren Renovation und Neubau zu einem übersichtlichen, klar strukturierten Prozess werden.

6. Bauprozess
Die Entscheidungsträger bei der öffentlichen Hand sind oftmals zum ersten Mal mit Sportanlagen konfrontiert. Die Ausschreibungsverfahren führen dazu, dass das beste Design oder das billigste Projekt ausgesucht wird. Die Funktionalität des Gebäudes spielt eine zu geringe Rolle. Die Erfahrung der spezialisierten Fachplaner findet in der Regel im gesamten Planungs- und Bauprozess zu wenig Berücksichtigung, was für eine Betreiberimmobilie wie eine Sportanlage zu schlechterer Qualität für die Nutzer und die Betreiber führt. Zudem haben die zunehmenden Bauvorschriften entweder eine Kostenexplosion oder die Umsetzung von nicht nachhaltigen Billigstlösungen zur Folge.

7. Betriebsaspekte
Da die Betriebskosten bei den meisten Sportanlagen die Baukosten im Laufe ihres Lebenszyklus übersteigen, muss beim Bau von Sportanlagen den betrieblichen Aspekten eine grössere Bedeutung zukommen. Dazu gehören insbesondere auch eine fundierte Bedarfsanalyse und ein detailliertes Betriebskonzept. Diese sollten vor der Bauplanung durch erfahrene Fachpersonen erarbeitet werden.
Zudem sollten die zukünftigen Betreiber oder (falls noch nicht bekannt) entsprechende Betriebsfachpersonen in jeden Planungsprozess intensiv involviert sein. Denn die Aufgabe Sportanlage ist mit der Eröffnung der Anlage nicht abgeschlossen – ganz im Gegenteil: dann beginnt die Arbeit erst wirklich.

8. Professionelles Management
Die zunehmende Kommerzialisierung und Dynamisierung der Gesellschaft und damit der Sportwelt verlangt ein professionelles und marktorientiertes Management. Das verlangt nach neuen Trägerschaftsmodellen für Sportanlagen – sowohl im Bau wie auch im Betrieb. Viele in den letzten Jahrzehnten aufgekommene Sportarten wie Tennis, Golf und Trendsportarten sind denn auch in privater Trägerschaft. Sportanlagen sollen durch optimale Auslastung möglichst vielen Nutzern offen stehen. Nur so werden die gesundheitlichen und gesellschaftspolitischen Ziele auch wirklich erreicht. Deshalb solltenicht für jede neue Sportart eine getrennte Sportanlage gebaut werden, sondern die vorhandenenSportanlagen hierfür genutzt werden. Es sollte auch verstärkt in Regionen geplant werden.

9. Kostenwahrheit: von der Objekt- zur Subjektförderung
Die öffentliche Hand führt in der Regel keine Profit Center Rechnung für ihre Sportanlagen, welche Kostentransparenz herstellt. Den meisten Nutzern werden keine oder viel zu geringe Nutzungsgebühren verrechnet. Dadurch stehen die Sportanlagen als strukturell defizitär und damit nach ein paar Jahren als ungeliebte Objekte da.
Es wäre besser, den Nutzern angemessene Gebühren zu verrechnen und entsprechende Sportförderungsbudgets zur Verfügung zu stellen. Für die öffentliche Hand ist das ein Nullsummenspiel, erhöht aber die Transparenz und Effizienz in den Anlagen.

Unsere Forderung:
Im Sportanlagenbau spezialisierte Fachpersonen müssen ab der Konzeptionsphase und über die gesamte Projektdauer in das Projekt involviert werden, um zu besseren Ergebnissen zu kommen.
Sport- und Freizeitanlagen sind Betreiberimmobilien und damit übersteigen die Betriebskosten in der Regel die Investitionskosten. Deshalb spielt die Funktionalität eine grössere Rolle als bei anderen Immobilienarten und hat hohe Auswirkungen auf den Nutzen sowie die Wirtschaftlichkeit von Sportund Freizeitanlagen

Man könnte sagen: design follows function. Darum spielt das Fach-Know-how und die branchenspezifische Erfahrung aller Beteiligten eine so grosse Rolle.

1. Dezember 2014
Arbeitsgruppe der IAKS Sektion Schweiz